Antwort: Die Linke (Berlin)

1. Derzeit werden sehr verschiedene Phänomenlagen unter Trans* zusammengefasst. Dadurch wird der Eindruck vermittelt, dass alle qualitativ unterschiedliche Betroffenheiten das Gleiche wären, und es kommt zu Fehldeutungen der Bedarfe, Eigenschaften und Bedürfnisse. Menschen mit originärer Transsexualität - NeuroGenitales-Syndrom (NGS), sehen sich hierdurch zusehends falsch beschrieben.
Wie steht Ihre Partei zu dieser Gleichmacherei und somit zur Verleugnung der Vielfalt?

    DIE LINKE setzt sich konkret für eine Verbesserung der Menschenrechtssituation von Trans*- und Inter*-Menschen ein. Uns ist klar, dass auch der *-Begriff unzureichend ist. Es gibt verschiedene Definitionen und auch DIE LINKE hat in der Vergangenheit verschiedene Begriffe verwandt. Die dahinter stehenden Diskussionen können wir in ihrer Vielfalt nicht erfassen. Im Vordergrund steht für uns eine konkrete Verbesserung der Menschenrechtssituation. Die Begriffe sind für uns zweitrangig, da es keine einheitliche und von allen akzeptierte Definition der Begriffe gibt, müssen wir mit unzureichenden Begriffen weiterhin leben und politisch arbeiten.

2. Sowohl die Voraussetzungen für die rechtlichen Maßnahmen, als auch für die Bewilligung der somatischen Behandlungen, sind derzeit Prozesse voller Willkür. Je nachdem, an welchen Sachbearbeiter, Gutachter oder an welches Gericht jemand gerät, sind die Schwierigkeiten, Wartezeiten und Kosten sehr unterschiedlich, und nicht vorhersehbar. Die therapeutische Begleitung erfüllt dabei nicht den Zweck der Abklärung eventueller Unsicherheiten, sondern verlangt vielmehr eine "Beweisführung", die von der unabdingbaren Selbstreflexion ablenkt, ja geradezu ein (Wohl-) Verhalten evoziert, das versucht, der Erwartungshaltung des Therapeuten gerecht zu werden.
Was gedenkt ihre Partei hier zu unternehmen, dass der Prozess der Transition für Betroffene berechenbar wird, und die therapeutische Begleitung tatsächlich den Zweck der Hilfestellung erfüllt?

    Die therapeutische Begleitung ist derzeit mit der Begutachtung verknüpft. Dies lehnt DIE LINKE ab. Zukünftig soll die therapeutische Begleitung aus Sicht der LINKEN ausschließlich freiwillig, aber immer finanziert von der GKV nur das Ziel verfolgen, den Betroffenen zu helfen.

3. Nur der einzelne Mensch selbst ist in der Lage, über sein Geschlecht Auskunft zu erteilen. Wer von sich sagt, eine Frau bzw. ein Mann zu sein, bei gegengeschlechtlichen Körpermerkmalen, wer in seinem Geschlecht leben und anerkannt werden möchte, wer unter der fehlenden Übereinstimmung leidet, ein Unbehagen gegenüber seinen geschlechtlichen Merkmalen empfindet, und wer für sich die Entscheidung getroffen hat, seinen Körper seinem Geschlecht angleichen zu lassen, ist Transsexuell (NGS). Wenn die Diagnose "Transsexualität" einmalig gestellt bzw. maßgeblich aufgrund der Selbstaussage festgestellt wurde, sind die hierfür benötigten somatischen Maßnahmen ohne weitere Prüfung zu gewähren.
Wie stellt sich Ihre Partei zu dieser Forderung?

    DIE LINKE unterstützt diese Forderung wie oben erwähnt. Allerdings sollte es aus Sicht der LINKEN eine Form der Beratung für die Betroffenen vor dem Eingriff geben. In welcher Form dies geschehen sollte, darüber haben wir uns noch keine abschließende Meinung gebildet.

4. a. Welche weiteren Maßnahmen wird Ihre Partei für eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung originär transsexueller Menschen (NGS) ergreifen? Sind Maßnahmen (Forschung, ärztliche Fortbildung) angedacht, um die Gewährleistung zentrale Bedürfnisse (Genitalangleichung und Hormonversorgung) weiter zu optimieren?
b. Was gedenkt Ihre Partei zu unternehmen, um bei betroffenen jungen Menschen die weitere körperliche Fehlentwicklung durch die falsche Pubertät zu verhindern?

    Ja, Forschungen in enger Kooperation mit den Betroffenenverbänden sind unbedingt voranzutreiben, um den Betroffenen optimaler eine für sie passende Angleichung zu gewähren.
    Frage b) ist nicht ad hoc zu beantworten, denn hier stehen Rechtsaufassungen in Kollision. Hierüber hat sich ehrlicherweise DIE LINKE noch keine abschließende Meinung gebildet.

5. a. Welche Maßnahmen sind von Ihrer Partei angedacht, um die soziale und ökonomische Situation von originär transsexuellen Menschen (NGS) zu verbessern?
b. Originär transsexuelle Menschen (NGS) verlangen nach ihrer Genitalangleichung in ihrem Geschlecht anerkannt zu werden ohne jeglichen genderqueeren Trans*Bezug. Was gedenkt Ihre Partei zu unternehmen, um originär transsexuelle Menschen (NGS) vor der Verleumdung als Trans.*Person zu bewahren?

    Im Kern geht es um eine Beendigung jeglicher Diskriminierung. Dafür tritt DIE LINKE ein. Doch zugleich – und dies betrifft alle Menschen – treten wir als einzige Partei für die Wiedereinführung und den Ausbau des Sozialstaats ein. Dies würde ganz konkret auch allen Trans*-Menschen helfen.
    ZU Frage b) hat sich DIE LINKE noch keine abschließende Meinung gebildet

6. Was gedenkt Ihre Partei zu unternehmen, dass transsexuelle Menschen (NGS) multi-medial immer noch als variteewürdig-exotische "Geschlechtswechsler" dargestellt werden, ohne angemessene Aufklärung über die tatsächliche Phänomenlage, insbesondere auch hinsichtlich der erforderlichen Abgrenzung zu phänotypisch von außen betrachtet "ähnlichen" Erscheinungsformen, wie Transgender, transidenten und sonstigen Trans*-Menschen?

    DIE LINKE verwendet den Begriff der Angleichung. Wie oben erwähnt verwenden wir den Begriff Trans*-Menschen im Wissen um die unzureichende Begrifflichkeit. Offensichtlich kritisieren Sie dies. Wie erwähnt, ist auch an diesem Punkt unser Diskussionsprozesse noch nicht abgeschlossen. Wir können Ihre hier gewünschte Abgrenzung nur als Anregung für weitere interne Diskussionen aufgreifen.

7. Was gedenkt Ihre Partei dagegen zu unternehmen um auch die Rechte der Menschen ohne Trans*Hintergrund zu sichern? Wie verhält es sich beispielsweise bei (demonstrativer) Sichtbarkeit von männlichen Genitalien in speziellen Schutzbereichen wie z.B. Damenduschen oder Damensaunen? Wie sieht es in Zukunft hinsichtlich geschlechtergetrennter Bereiche aus; muss es eine Frau zum Beispiel hinnehmen, mit einer Person gleichen rechtlichen Geschlechts aber gegengeschlechtlichen Genitalien den Rest ihres Lebens das selbe Zimmer/Bad im Alten-, Pflegeheim oder ähnlichen Einrichtungen teilen zu müssen?

    Auch zu diesem Thema ist unser Diskussionsprozess noch nicht abgeschlossen.

8. Wie gedenkt ihre Partei sicherzustellen, dass in Zukunft die Bedingungen für die Kostenübernahme durch die gesetzlichen und privaten Krankenversicherer besser, d.h. klar und eindeutig, geregelt werden, und beharidlungsbedürftige transsexuelle Menschen (NGS) von der derzeitigen Bewilligungs-Willkür befreit werden, und ihnen ein Recht auf Behandlung zusteht?

    DIE LINKE tritt für die Kostenübernahme der Geschlechtsangleichung durch die GKV ein. DLINKE tritt zudem als einzige Partei für eine umfassende Bürger_innenversicherung ein. Langfristig muss hier eine Initiative vom Gesundeheitsministerium ausgehen, um GKV und MdK zu einem grundlegenden und am Betroffenenwohl orientierten Umdenken zu bewegen.

9. Originär transsexuelle Menschen (NGS) fordern die Anerkennung ihres Geschlechts, und dies beinhaltet auch die Unterlassung der für sie vollkommen falschen, geschlechtsverweigernden Aussage-einer· ... Geschlechtsidentitäts- Problematik", und statt dessen die Einstufung im ICD 11 unter der Rubrik "angeborene körperliche Abweichungen".
Wie stellt sich Ihre Partei zu diesen Forderungen, und was gedenkt sie zu unternehmen, um sie zu erfüllen?

    DIE LINKE tritt gegen die Pathologisierung der Betroffenen ein. Es sollte langfristig möglich sein, dass die Kosten, wie bei einer Schwangerschaft, die auch keine Krankheit ist, durch die GKV übernommen werden. Ein übereiltes Ende der Einordnung in den ICD11, könnte womöglich zum Ende der Kostenübernahme führen. Deshalb muss ein Prozess des behutsamen Umdenkens vorangetrieben werden.

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